Kindeswohl: ein Problemaufriss aus der Perspektive der Medizinethik

Dem ›Kindeswohl‹ wird in jenen ethischen und rechtlichen Debatten, die Kinder betreffen, in der Regel entscheidende Bedeutung zugesprochen. Allerdings wird es oft argumentativ verwendet, als sei es ein objektiv bestimmbarer Wert, z. B. körperliche Unversehrtheit. Das nenne ich das Objektivismus-Argu...

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Bibliographische Detailangaben
1. VerfasserIn: Wiesemann, Claudia 1958- (VerfasserIn)
Medienart: Elektronisch/Druck Aufsatz
Sprache:Deutsch
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Veröffentlicht: Brill mentis, an imprint of the Brill Group [2016]
In: Zeitschrift für medizinische Ethik
Jahr: 2016, Band: 62, Heft: 3, Seiten: 235-244
normierte Schlagwort(-folgen):B Kindeswohl / Kind / Menschenwürde / Medizinische Ethik
IxTheo Notationen:NBE Anthropologie
NCG Ökologische Ethik; Schöpfungsethik
Online Zugang: Volltext (doi)
Beschreibung
Zusammenfassung:Dem ›Kindeswohl‹ wird in jenen ethischen und rechtlichen Debatten, die Kinder betreffen, in der Regel entscheidende Bedeutung zugesprochen. Allerdings wird es oft argumentativ verwendet, als sei es ein objektiv bestimmbarer Wert, z. B. körperliche Unversehrtheit. Das nenne ich das Objektivismus-Argument. Andererseits wird vorausgesetzt, dass sich das Wohl des Kindes an der selbstbestimmten Entscheidung der zukünftigen Person messen lassen müsse. Das nenne ich das Adultismus-Argument. Beide Argumente finden sich z. B. im Urteil des Landgerichts Köln vom 07.05.2012 zur Beschneidung von Knaben aus religiösen Gründen. Ich möchte in diesem Aufsatz zeigen, warum weder das Objektivismus-, noch das Adultismus-Argument ausreichend sind, Kindeswohl zu begründen, und mehr noch, dass sie unzulässig vereinfachen und damit ein schädliches Potenzial entfalten. Es fehlen bei dieser Charakterisierung wichtige Aspekte, die zu teils konträren Schlussfolgerungen führen können. Letztlich werde ich zeigen – und das ist die überraschende Konsequenz einer an sich als kinderfreundlich gedachten Position – dass eine Argumentation, wie sie das Landgericht Köln verwendete, auf einer Missachtung der moralischen Stellung des Kindes beruht.
The well-being of the child is of fundamental importance in ethical and legal debates. Mostly, it is used as if representing an objectifiable value, e. g., bodily integrity. I call this the objectivity argument. Others presuppose that the well-being of a child is determined by referring to the presumed choice of the future person. I call this the adultism argument. Both arguments are, for example, used in debates about circumcision. I will show why neither the objectivity argument nor the adultism argument is sufficient to ground the ethical concept of child well-being. Rather, they oversimplify the ethical problems involved and may even have a detrimental effect. Important aspects are missing which may lead to contradictory conclusions. Eventually, I will show that what is meant to be a child-rights perspective does in fact tend to disrespect the moral status of the child.
ISSN:0944-7652
Enthält:Enthalten in: Zeitschrift für medizinische Ethik
Persistent identifiers:DOI: 10.14623/zfme.2016.3.235-244