Mythos und Moderne: über das Verhältnis von Nationalismus und politischen Religionen

Die Mythen der Moderne sind vielfältig, der archimedische Punkt ist jedoch die sakralisierte Nation. Spätestens im 19. Jahrhundert wird in Europa die Nation - in Romanen, Theaterstücken, in der bildenden Kunst, in Opern sowie in den Schulbüchern - zur Ikone im religiösen und liturgischen Sinn: die f...

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Détails bibliographiques
Auteur principal: Ley, Michael 1955-2023 (Auteur)
Type de support: Imprimé Livre
Langue:Allemand
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Publié: Wien Köln Weimar Böhlau 2005
Dans:Année: 2005
Sujets / Chaînes de mots-clés standardisés:B Nationalisme / Religion
Sujets non-standardisés:B Religion And Politics History 20th century
B Religion And Politics History 19th century
B Nationalism (Germany)
B Religion
B Nationalism History 19th century
B Nationalisme
B Nationalism History 20th century
Accès en ligne: Inhaltsverzeichnis (Verlag)
Description
Résumé:Die Mythen der Moderne sind vielfältig, der archimedische Punkt ist jedoch die sakralisierte Nation. Spätestens im 19. Jahrhundert wird in Europa die Nation - in Romanen, Theaterstücken, in der bildenden Kunst, in Opern sowie in den Schulbüchern - zur Ikone im religiösen und liturgischen Sinn: die frühere Heilsinstanz - die Kirche als corpus mysticum - wird durch die Nation - als neue ecclesia - vielfach ersetzt. Michael Ley interpretiert den Nationalismus als politische Religion, aus der sich alle totalitären politischen Bewegungen bestimmen lassen. Trotz unterschiedlicher Ausprägungen der Nationalismen sind allen die Auserwähltheit der eigenen Nation und die mit ihr verbundenen religiösen Attribute der Heiligkeit und der Vorsehung gemein. Der Nationalismus verweltlicht und nationalisiert gleichzeitig die christliche Tradition und beansprucht darüber hinaus das Erbe und die Vollendung der Antike: Er verspricht somit nicht nur die Verwirklichung der christlichen Erlösung, sondern auch die Rückgewinnung eines "goldenen Zeitalters" im Sinne der griechischen Mythen. Dieses Gedankengut ist ein immer wiederkehrender Topos der europäischen Ideengeschichte: In der Renaissance und im Barock entstehen die Utopien sagenumwobener Inseln, deren Bewohner in christlichen Idealstaaten leben. Die radikale Aufklärung und die Romantik erheben diese Utopien zum politischen Programm: Erziehungsdiktaturen und geschlossene organische Gesellschaften werden als totalitäre Erlösungsgemeinschaften propagiert. Die modernen Totalitarismen bzw. politische Religionen radikalisieren die nationalistischen Mythen und ergänzen bzw. ersetzen die "heilige Nation" durch die "Rasse", die "Partei" oder "die Gesetze der Geschichte". Nationalismen und politische Religionen unterscheiden sich somit nicht strukturell, sondern "nur" im Ausmaß ihrer Totalisierung. Der Zusammenbruch der politischen Religionen beendet nicht nur das Jahrhundert der Extreme, sondern das Zeitalter der klassischen Nationalstaaten und insgesamt die europäische Moderne
Description:Literaturverz. S. [169] - 174
ISBN:3205773128